Dem Himmel so nahe – Teil 1

Einer der Orte, an denen Mann (Frauen müssen leider draußen bleiben) dem Himmel ganz nahe kommen kann, liegt auf dem dritten Finger (der östlichsten Halbinsel) der Region Chalkidiki im Norden Griechenlands: der Heilige Berg Athos. Nicht nur Frauen, sondern auch Touristen dürfen die orthodoxe Mönchsrepublik mit autonomen Status unter griechischer Souveränität nur von den zahlreichen Ausflugsbooten aus bewundern, die von dem Dorf Ouranoupolis (Himmelsstadt) aus ablegen. Um die Mönchsrepublik mit ihren 20 Klöstern und ebenso vielen Skiten (klosterähnliche Mönchsgemeinschaft) zu besuchen, benötigt Mann ein sogenanntes Diamonitrion, ein vom Pilgerbüro ausgestelltes Visum (Besuchserlaubnis).

 

Dieses Diamonitrion sollte Mann ein halbes Jahr vor der geplanten Pilgerfahrt beantragen, sofern Mann nicht orthodoxen Glaubens ist. Angeblich dürfen sich täglich immer nur 12 nicht-orthodoxe Pilger in der Mönchsrepublik aufhalten. Da ist das Kontingent schnell ausgeschöpft. Die Zahl der orthodoxen Pilger scheint mir hingegen unzählbar groß zu sein. Was dem Moslem die Hadsch nach Mekka, das ist dem Orthodoxen die Pilgerfahrt zum Athos.

Über Land gibt es keinen Zugang für die frommen Pilger zum „Heiligen Berg“ (so der Name der Republik), aber täglich legen mehrere vollbesetzte Fähren und Schnellboote von Ouranopoulis ab, um die Pilger ans Ziel zu bringen. Und da mir soeben im „HOLY EXECUTIVE oft the MOUNT ATHOS PILGRIMS BUREAU" das Diamonitrion ausgehändigt wurde, bin ich dabei.

Fast könnte man meinen, dass viele Männer, darunter auch etliche Väter mit ihren Söhnen, das schöne Juniwochenende für einen Schiffsausflug genutzt hätten. Fast. Denn auf einem Ausflugsboot hätten viele der Männer wahrscheinlich kurze Hosen an. Hier aber nicht, denn mit kurzen Hosen würde einem der Zutritt zum „Heiligen Berg“ verwehrt.

An Bord höre ich außer Griechisch auch sehr viel Russisch. Ob die Russen tatsächlich alle zum gleichen Kloster wollen wie ich? Da ich des Griechischen nun einmal nicht mächtig bin, hatte ich bei der Planung meiner Pilgerfahrt das russisch-orthodoxe Kloster Agiou Panteleimonos als erstes Übernachtungsquartier ausgewählt. Es könne ja nichts schaden, wenn Mann sich bei seiner ersten Pilgerreise im ersten Kloster die zu beachtenden Gepflogenheiten in einer Sprache erläutern lassen kann, die Mann wenigstens so leidlich versteht. Und ich hatte Glück: Ich bekam eine Zusage auf meine vor einigen Monaten gestellte Anfrage ans Kloster. Ja, ich sei im Koster Agiou Panteleimonos als Pilger willkommen.

Das russisch-orthodoxe Kloster Agiou Panteleimonos
Das russisch-orthodoxe Kloster Agiou Panteleimonos

Natürlich hatte ich mich ja vorher belesen und gehe davon aus, dass ich bei meiner Ankunft im Kloster mit einem Loukoumi (einem geleeartigen Würfel aus Honig), einem Glas Wasser und einem Gläschen Tsipouro (Tresterschnaps) begrüßt werde. Zwei etwas mürrisch wirkende Geistliche sitzen im Büro des Gasthauses (hier eher: des Hotels) und haben sicherlich viele gute Taten im Sinne. Das Austeilen von Loukoumi, Wasser und Tsipouro gehört allerdings momentan nicht dazu. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich nicht in der großen Gruppe, sondern nach meiner kurzen Wanderung ganz alleine hier angekommen bin.

Auf dem Weg vom Hafen Dafne zum Kloster Agiou Panteleimonos

 

Zur Begrüßung werden allerdings nicht nur mein Diamonitrion, sondern auch noch mein Reisepass kontrolliert. „Da hinten hängt das Programm, hier ist Ihr Zimmerschlüssel.“ Das war´s. Andererseits: Bei der Vielzahl der Gäste des Klosters kann ich schon verstehen, dass dem einzelnen Pilger nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. Und woher sollten denn diese beiden jungen Geistlichen auch wissen, dass ich ein blutiger Anfänger bin? Und außerdem habe ich als einziger nicht-orthodoxer Pilger sogar die Ehre (oder ist es ein Makel?) alleine in einem Zweibettzimmer untergebracht zu sein.

 

Jetzt wollen Sie, liebe Leser des Blogbeitrages ja vielleicht wissen, wie es mir im Kloster Agiou Panteleimonos an meinem ersten Tag als Pilger so ergangen ist. Nun, das können Sie dann in meinem Buch nachlesen. Hier nur noch soviel:

Am nächsten Morgen erscheine ich brav um 6.30 zum Morgengottesdienst. Nach knapp zwei Stunden gebe ich auf. Mir wird ganz flau vom langen Stehen auf nüchternem Magen und der mit Weihrauch geschwängerten Luft. Ich muss raus an die frische Luft und setze mich auf den Boden. Was nun? Frühstück hin oder her, ich habe ja noch Wasser und Kekse. Also auf zu Fuß in die Hauptstadt Karyes, von wo aus es eine Busverbindung zu meinem nächsten Ziel, dem Kloster Megistes Lavras zu Fuße des Berges Athos, geben soll. Recht anstrengend und sehr viel bergauf, die dreistündige Wanderung, aber in Karyes kann ich mich mit einem griechischen Salat, einer Bohnensuppe und einem Bier zum Brunch belohnen.

Karyes ist die Hauptstadt der Mönchsrepublik, wobei es sich bei Karyes um einen sehr kleinen Ort mit einem Hotel und Restaurant, mehreren Cafés, einigen Souvenirläden, zwei Supermärkten, dem örtlichen Pilgerbüro, ein paar Klöstern und Skiten und einigen sonstigen Gebäuden handelt. Von Karyes aus werden alle Klöster per Minibus angefahren. Einzig einige abgelegene Skiten sind nur per Wassertaxi oder Maultier zu erreichen.

Zum Glück gibt es diese neumodischen Geräte, mit denen man sich überall verständigen kann
Zum Glück gibt es diese neumodischen Geräte, mit denen man sich überall verständigen kann